VDEI-Förderpreisträger 2025 Mirco Heitmann im Interview
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Innovativ und praxisnah – mit seiner Bachelorarbeit überzeugte Mirco Heitmann die Fachjury des VDEI-Förderpreises 2025. Für seine Arbeit mit dem Titel „Entwicklung eines multisensorischen Messsystems für die Zustandsüberwachung von Eisenbahnrädern" hat Mirco Heitmann nicht nur ein Messsystem selbst entworfen und aufgebaut sondern auch die entsprechende Software sowohl für die Systemsteuerung als auch die anschließenden Datenauswertung selbst entwickelt.
Was hat Sie dazu bewegt, Bahningenieurwesen zu studieren?
Meine Motivation in die Bahnbranche einzusteigen entstand daraus, dass es ein Bereich mit vielen interessanten technischen Fragestellungen ist, der aber gleichzeitig, insbesondere im Vergleich mit konkurrierenden Transportbranchen, sehr zukunftsorientiert und zukunftssicher ist. Durch die verschiedenen Gewerke, die sich in der Eisenbahntechnik stets gegenseitig beeinflussen und somit immer ganzheitlich betrachtet werden müssen, entstehen komplexe und spannende Aufgabenstellungen und gleichzeitig ein diverses Feld von Aufgaben sowie ein stetiger Austausch mit den verschiedensten Kolleginnen und Kollegen. Das duale Studium hat mir außerdem viele Möglichkeiten geboten für neue Erfahrungen, Gegenden und Leute, wodurch sich viele neue Türen öffneten.
Was war für Sie die wichtigste Erkenntnis im Rahmen Ihrer Bachelorarbeit?
Das Resultat der Entwicklungsarbeit ist ein System, welches wie geplant mit einer guten Datenrate stabil über lange Zeiträume funktioniert. Gewissermaßen überraschend hierbei ist jedoch der Preis: Der Mikrocontroller, der viele Kommunikationsschnittstellen parallel handhabt und fünf Analogkanäle mit 16 kHz abtastet, fünf sehr rechenintensive Digitalfilter über diese ausführt und die Formattierung und Speicherung der Daten übernimmt, ist in einzelnen Stückzahlen aktuell für unter 12 Euro erhältlich. Auch die entsprechenden Piezosensoren liegen aktuell bei 0,36 Euro, wodurch das gesamte System sehr kostengünstig hergestellt werden kann.
Hierbei ist zu erwähnen, wie groß der Nutzen eines solchen Systems sein kann. Wenn zu frühe (unnötige) Reparaturen sowie zu späte Reparaturen (gefährliche Verschleißzustände) an Zügen und Strecken vermieden werden können, können enorm viel höhere Kosten eingespart werden als für das System ausgegeben werden müssten.
Was könnte dazu beitragen, junge Menschen noch stärker für berufliche Perspektiven im Bahnbereich zu begeistern?
Das duale Studium mit der THM als Hochschulpartner ist meiner Meinung nach ein sehr gutes Angebot für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger, das starke Interesse wird auch anhand der steigenden Studierendenzahlen deutlich. Ich denke, dass das Weiterführen und Ausweiten solcher Angebote in der Zukunft spürbare, positive Auswirkungen auf die gesamte Bahnbranche haben kann. Jedoch tragen sicherlich auch die aktuellen Probleme der Bahn zu einer geringeren Begeisterung bei, da die negativen Erfahrungen im Alltag auch zu einer Abneigung gegenüber der beruflichen Branche führen können. Sind diese Probleme einmal gelöst, werden sicherlich viele Interessierte hinzukommen, die sich eine Karriere im Bahnsektor vorstellen können.
Wie würden Sie eine positive Zukunftsvision für den spurgeführten Verkehr formulieren?
Ein Punkt, der relativ selten genannt wird, ist, dass das deutsche Schienennetz in den letzten Jahrzehnten viele tausende Kilometer an Länge verlor, insbesondere das Stilllegen von ländlichen Strecken ist in zahlreichen Gebieten spürbar. So werden heutzutage viele Regionalbahnhöfe, die einst Knotenpunkte in einem gut verbundenen Netz waren, oft nur noch als Haltepunkt einer einzelnen Strecke genutzt, während die meisten der damals verbundenen ländlichen Bahnhöfe inzwischen stillgelegt wurden. Bei diesen ländlichen Strecken wird die Reaktivierung ein immer wichtigeres Thema, da die Anbindung von Gebieten an das Schienennetz immense Vorteile bietet und viele verkehrstechnische Probleme lösen kann.
Idealerweise sollten diese Strecken reaktiviert und dem heutigen Bedarf angepasst werden, sodass von möglichst vielen Menschen möglichst viele Wege verkürzt werden. Selbiges gilt auch für den dringend notwendigen Neubau von Bahnstrecken, wobei insbesondere der Prozess von der Konzeption zu Genehmigung, Fertigstellung und Betrieb beschleunigt werden muss.
Selbstverständlich muss auch die Digitalisierung vorangetrieben werden, meiner Meinung nach ist dort das frühzeitige Kommunizieren mit den Fahrgästen (z.B. von Störungen und Alternativverbindungen) von besonderer Relevanz. Ebenfalls sind Untersuchungen zur Kapazitätssteigerung durch neuartige Technologien sehr interessant und vielversprechend. Im Bereich der Digitalisierung in der Bahnbranche habe ich jedoch bereits vielfältige Vorhaben mitbekommen, so mache ich mir keine Sorgen, dass man dort auf einem guten Weg ist.