Mit der Exkursion zur Elbquerungsbaustelle der A14 verließ der VDEI-Bezirk Mecklenburg-Vorpommern/Nordbrandenburg die heimischen Gefilden, um sich gegenüber von Wittenberge in den Altmärker Elbwiesen einen Einblick über die aktuellen Bauzustand zu verschaffen. Dazu fanden wir uns am 31.05.2024 sehr zahlreich im Baubüro der Implenia Construction GmbH ein.
Es folgte eine sehr herzliche Begrüßung durch den Landvorsitzenden Herrn Torsten Habicht und unseren Gastgeber Moritz Kopp. Zur Freude unserer Kollegen, war Herr Koop als Projektleiter, auf fachkundigen Besuch eingestellt und sparte nicht mit sehr detaillierten Ausführungen zur technischen Planung und Ausführung bei Gründung, Lagern, Umweltrecht, Betonschalungsbau samt Bewehrung, Stahlbau samt Durchbiegung und Hilfslagern im Fluss, Baustellenversorgung und Baulogistik. Für jeden unserer Kollegen war etwas dabei und das in einer sehr angenehmen ingenieurfachlichen Art.
Die Brücken der Elbquerung bei Wittenberge sind Teil des Lückenschlusses der A14 zwischen Schwerin und Magdeburg. Die 1100m lange Flussquerung der Elbe ist das aufwendigste Bauwerk, in den noch nicht fertiggestellten Bauabschnitten. Die neue Autobahnverbindung zwischen der Prignitz und der Altmark löst den bestehenden Verkehrsengpass der B189 Elbbrücke auf und wertet die A14 zu einer überregionalen Verkehrsverbindung zwischen dem Schweriner Kreuz und Magdeburger Kreuz auf. Die DEGES, Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, nimmt als Auftraggeber die Interessen des Bundes war.
Neben der Bietergemeinschaft Implenia, DSD Brückenbau und Stahlbau Niesky, bewarben sich mehrere ARGEn, um dieses höchst anspruchsvolle Bauvorhaben im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe. Die ARGE um Implenia war nicht der günstigste Bieter, aber die technische Expertise der ARGE überzeugte letztlich die DEGES. Der Stammsitz der Implenia AG ist in der Schweiz. Die ARGE führt die Niederlassung Implenia Construction GmbH Nordost aus Berlin an. Implenia ist europaweit auf den Spezialtiefbau in Beton spezialisiert, während DSD Brückenbau und Stahlbau Niesky Expertise im Stahlbrückenbau haben. Zur erfolgreichen Umsetzung einer solchen komplexen Baumaßnahme bedarf es weitere Spezialisten wie Hülskens Wasserbau, die als Subunternehmer beauftragt wurden. Die Vorgaben der DEGES zur Maßnahme waren eine Herausforderung. Die Umwelt- und Naturschutzauflagen aus der Planfeststellung waren sehr umfangreich und detailliert. Nur absolut notwendige Flächen im Überschwemmungsbereich der Elbe dürften genutzt werden. Die Eingriffe in die Natur sollen so gering wie nur möglich ausfallen. Nach Fertigstellung der Brücken sind alle Provisorien, wie die Baustraßen aber auch die Hilfsfundamente an Land und Leitwerke, welche die Baustelle gegen die Gefahren aus Schiffsverkehr und Treibgut absichert, vollständig zurückzubauen. Die Baumaßnahme ist unter laufendem Schiffsbetrieb umzusetzen, allenfalls stundenweise Sperrungen für den Einschub mittels Pontons der Stahlbrücke unterbrechen den Binnenschiffsverkehr.
Die A14 Elbquerung besteht aus zwei unterschiedlichen Brückenbauwerkskonstruktionen. Die Elbstromquerung ist eine 3-Felder-Strahlbrücke (126m/160m/126m) mit einem großen trapezförmigen Hohlkasten. Der Hohlkasten wird durch einen schwungvoll-welligen zentralen Hohlbalken verstärkt, der nicht nur die Richtungsspuren sicher voneinander trennt, sondern auch die Lastkräfte gemeinsam mit dem Hohlkasten aufnimmt und ableitet. Die vollständige Fahrbahnbreite wird erreicht, indem an beiden Seiten des Hohlkastens Spanten angeschweißt werden, die die äußere Spur und den Seitenrandstreifen tragen. Die Stahlbrücke wird vom brandenburgischen Ufer, aus vorgefertigten Großstahlteilen fertigmontiert und je nach Baufortschritt über ein Hilfsbrückenlager, das nach der Fertigstellung wieder vollständig zurückgebaut wird, über den Elbestrom geschoben. Die Spannweite über die Strommitte ist so lang, dass hier Schwimmpontons unterstützt von Stempeln, die auf den Elbgrund herabgelassen werden, als Hilfskonstruktion eingesetzt werden müssen.
Auf der Altmarker Elbseite erstrecken sich breite Elbwiesen vor den Hochwasserschutzanlagen. Ein besonderer Lebensraum für Flora und Fauna, der in besonderem Maße zu schützen ist. Viele anspruchsvolle Auflagen aus der Planfeststellung, musste die ARGE in die Praxis umzusetzen. Die gewählte Bauform der südlichen Vorlandbrücken sind so konzipiert, dass eine möglichst geringe dauerhafte Flächenversiegelung erfolgt und die Eingriffe in den Boden, Wasserhaushalt sowie Abflussdynamik unbedeutend bleiben. Die östliche und westliche Vorlandbrücken ist separat ausgeführt und nehmen jeweils einen Richtungsverkehr auf. Die Pfeiler und der Überbau sind in Stahlbeton ausgeführt. Der Stahlbedarf der Armierung ist erheblich; in Belastungsbereichen ist alle 4cm Armierung zu finden. Die Pfeiler werden vor Ort nach Anfertigung des Armierungsgeflechtes in eine individuelle Schalung gegossen. Die Gründung der Pfeiler erfolgte ebenfalls mittels Stahlbeton. Aufgrund der Nähe zur Brücke der B189 und dem Fauna-Schutz waren Rammarbeiten nicht erlaubt. Die Bereiche der tiefen Pfahlgründung, wie die großen Fundamentkästen, wurden mit hohem Aufwand durch Pressung der Spundwände realisiert. Mit alternativen Pfahlgründungsansätzen, die materialsparsamer und damit kostengünstiger bei gleicher Leistungsfähigkeit sind, konnte die technische Expertise und Erfahrung der ARGE auch die DEGES als Auftraggeber überzeugen. Der Überbau der Vorlandbrücken wird in Stahlbeton ausgeführt. Mit Hilfe einer Vorschubrüstung wird vor Ort der Armierungsstahl geflochten und die Schalung wird zum Betonieren Segment für Segment weitergeschoben. Der schlanke Überbau verbraucht dennoch sehr viel Beton, da er dieser keine Hohlkammern besitzt. Das Vorschubgerüst samt Schalung hat zur Versorgung der Baustelle einen eigenen Baukran in knapp 10m Höhe. Nach Abschluss der Betonarbeiten an der Ostfahrbahn, die wahrscheinlich bis 09/2024 andauern, wird das Gerüst abgebaut und am Brückenwiderlager Süd erneut angesetzt, um die westliche Fahrbahn herzustellen. Die Schaltungsbretter sind aktuell in gutem Zustand. Sollte dies so bleiben, werden diese auch für die Betonierung der westlichen Fahrbahn verwendet. Der verwendete Beton ist C35/45 mit feinem Korn. Dieser setzt im Auskristallisierungsprozess sehr hohe Energiemengen frei, die zu einer Temperaturentwicklung bei der Aushärtung von 60°C bis zu 70°C nach ca. einer Woche führen.
Die Baustelle der Implenia ist im Einschichtbetrieb organisiert und arbeitet sieben Tage Woche. Spezialisierte Arbeitstrupps, die zum Konzern gehören und europaweit eingesetzt werden, führen die Betonarbeiten durch. Diese Teams sind in der Lage, innerhalb von zwei Wochen einen Brückenüberbau von 50 Metern herzustellen.
Baubeginn für das Bauvorhaben ‚A14 Los 1 Elbebrücke Wittenberge‘ war im Februar 2022. Bereits im Vorfeld sind umfangreiche Vorbereitungsarbeiten durchgeführt worden. Die ersten Maßnahmen, wie die Baustelleneinrichtung, waren durch eine mehrjährige und starke Trockenheit geprägt. Die Bauvorbereitung gestalte sich aufwendig. Im unmittelbarem Baustellenumfeld, in den Altmärker Elbwiesen, gab es kein Wasser und keinen Strom. Eine einfache Heranführung der Versorgungsmedien, war im Schutzgebiet nicht möglich. Gelöst wurde das Problem, in dem die Versorgungsleitungen an den Elbbrücken der B189 mitgeführt werden. Eine erhebliche Kostensteigerung zwischen Angebotsabgabe und Bauphase, verursacht durch globale Krisen, wie Corona-Nachwehen und den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, ließen die Kosten für Baustahl, Zement und sogar Sand deutlich steigen. Das Kostenrisiko ist bis heute nicht geklärt.
Das winterliche Hochwasser, das von Dezember 2023 bis März 2024 andauerte, brachte zudem einen Bauverzug von drei Monate mit sich. Die Baustelle stand komplett unter Wasser. Die Baustelleneinrichtung musste vollständig neu erfolgen.
Inzwischen sind die Pfeiler zu 85% fertiggestellt, was etwa ¼ des gesamten Bauwerkes entspricht. Die Ostfahrbahn wird voraussichtlich bis 09/2024 fertiggestellt sein. Die Bauzeit betrug damit 9 Monate, bzw. 12 Monate, wenn man die Bauunterbrechung mit einbezieht.
Die Fertigstellung ist ab 2025 vorgesehen. Diese Zeitangabe muss vage bleiben, da der Vorschub der Stahlbrücke nur in den Wintermonaten mit entsprechendem Wasserstand realisiert werden kann. Für die Hilfspontonbereitstellung, einer der zahlreichen Spezialgewerke auf dieser Baustelle, ist ein organisatorischer Vorlauf von einem dreiviertel Jahr notwendig.
Der Neubau der Brücke ist dringend notwendig. Die vorhandene zweispurige B189 Brücke ist für die aktuelle Verkehrsbelastung nicht konzipiert worden und zeigt deutliche bauliche und materielle Ermüdungserscheinungen. Eine Vollsperrung dieses Nadelöhrs hätte erhebliche Auswirkungen. Die nächsten Elbquerungen sind flussaufwärts erst bei Stendal in 60km und flussabwärts bei Dömitz in 45 km Entfernung zu finden. Eine Verlegung der B189 auf die zukünftige A14 Brücken ist schnellstmöglich angestrebt.
Daher wünschen wir den Brückenbauern viel Glück beim Baufortschritt und bedanken uns bei allen, die dieses besondere Erlebnis ermöglich haben!
Tina Beeckmann und Christian Teske
Weiterführende Links und Informationen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesautobahn_14
https://de.wikipedia.org/wiki/Biosph%C3%A4renreservat_Mittelelbe
https://www.deges.de/projekte/projekt/a-14-abschnitt-3-as-seehausen-nord-bis-wittenberge/
https://implenia.com/de-de/referenzen/detail/ref/a14-los-1-elbebruecke-wittenberge/